Das „Ewige Eis" am Südhang der Dornburg

Im Juni 1839 entdeckten Arbeiter, die im Geröllfeld am Südhang der Dornburg Steine für einen Straßenbau abtragen sollten, dass die Halde 50 bis 60 cm unterhalb der losen Gesteinsblöcke auch im Sommer vereist war. Die Steine waren festgefroren, in den Spalten und Ritzen befanden sich Eiskrusten.

Oberbergrat Schapper und Prof. Thöma aus Wiesbaden untersuchten 1840/49 dieses außergewöhnliche Phänomen. Die Grabungen von Thomä ergaben:

- Unter der wärmeisolierenden Geröllhalde befindet sich zwischen dem lockeren Gestein Eis bis zu einer Tiefe von 2 m.

- Darunter ist das zerklüftete Erdreich 5 bis 6 m tiefgefroren. An den mit einer Eisrinde überzogenen Felsbrocken hängen kleine Eiszapfen.

- In einer Tiefe von 8 m hört die Vereisung auf.

- Im Sommer strömt kalte Luft am Fuße des Hanges aus dem Berg heraus.

- Im Winter kommt an höhergelegenen, engbegrenzten, stets schneefreien Stellen warme Luft aus dem Berg heraus.

1869 ließ J. Troost aus Wiesbaden am S/O-Hang der Dornburg eine Bierbrauerei errichten und etwa 400 m davon entfernt zwei Stollen anlegen.

 

Schnee, der im Winter in diese „Eisstollen " geschaufelt wird, schmilzt nur ganz langsam, weil der dahinterliegende Berg vereist ist. Reste halten sich bis in den Spätherbst. 1887 brannte die Brauerei ab. An ihrer Stelle wurde eine Gaststätte gebaut, die heute leer steht. Die beiden Stollen verfielen. Sie wurden später umgebaut und in den heutigen Zustand versetzt.

1952/53 untersuchte Dr. Ing. Steinbach erneut die Vereisungserscheinungen. Er stellte fest,

- dass im Sommer von der etwa 8 m dicken vereisten Zone eine etwa 2,5 m dicke Schicht abtaut,

- dass im Sommer täglich rd. 7 Tonnen Eis schmelzen

- und dass die Grundfläche der vereisten Geröllhalde etwa 2.400 m2 groß ist.

Folgende meteorologische und geologische Voraussetzungen müssen vorhanden sein, damit im Sommer nur wenig Eis schmilzt und sich im Winter wieder neues Eis bilden kann:

1. Im Winter langanhaltende, strenge Frostperioden.

2. Klüfte, Spalten und Ritzen im Gestein, die miteinander verbunden sind und einen freien Luftzug durch den Berg ermöglichen.

3. Öffnungen im unteren und oberen Bereich des Hanges, durch die die Luft in den Berg ein- und ausströmen kann.

4. Große Höhenunterschiwischen diesen Ein- und Austrittsöffnungen (Kaminwirkung).

5. Eine wärmeisolierende Deckschicht (Geröllhalde), die ein rasches und vollständiges Abtauen des Eisfeldes im Berginnern verhindert.

 

Vereinfachte Beschreibung der physikalischen Vorgänge

 

Im Sommer ist die Luft innerhalb des Berges wesentlich kälter und deshalb schwerer als die Außenluft. Die kalte Luft strömt durch die unteren Öffnungen aus dem Berg heraus. Gleichzeitig dringt durch die oberen Öffnungen warme Außenluft in den Berg ein. Sie zieht durch die Spalten und Ritzen und gibt Wärme an die Umgebung ab: Ein Teil des Eises schmilzt. Dabei kühlt sich die Luft ab, wird dadurch schwerer und verlässt durch die unteren Öffnungen den Berg. An den beiden Stollenöffnungen am Fuße des Hanges ist ein starker, eiskalter Luftzug zu spüren.

 

Im Winter bei Außentemperaturen von unter 0° C ist die Luft im Innern des Berges wesentlich wärmer und leichter als die Außenluft. Die warme Luft steigt hoch und tritt durch die oberen Öffnungen aus dem Berg heraus. An diesen Stellen bleibt daher auch bei starkem Frost kein Schnee liegen. Durch die unteren Öffnungen strömt kalte Luft in den Berg nach. Sie kühlt die Umgebung ab: Es bildet sich neues Eis. Die Luft erwärmt sich dadurch, wird leichter, steigt im Berg hoch und verlässt ihn wieder. Wenn im Frühling und im Herbst die Außenluft und die Luft im Berginnern etwa gleich temperiert sind, findet keine bzw. nur eine sehr schwache Luftzirkulation statt.